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24/10/2022

Unter Druck, aber immer noch attraktiv

Die Inflation ist zurück, und die Zinsen ziehen infolge des markanten Teuerungsanstiegs wieder an. Um diese Tatsache kommt niemand herum, weder die Wirtschafts- noch die Finanzakteure. Auch die Immobilienfonds sind unter Druck geraten, bleiben für Anleger aber immer noch attraktiv.

Die Zinsen sind weltweit als auch in der Schweiz auf breiter Front gestiegen. Die US-Notenbank Fed hat ihre Leitzinsen bereits um rund 2% erhöht, während sich die SNB bis anhin mit einer Anhebung um einen halben Prozentpunkt begnügte. Für eine Fortsetzung dieser Entwicklung in den kommenden Quartalen sind alle Voraussetzungen gegeben.

Die Zinserhöhungen der Zentralbanken sind eine Reaktion auf die Inflation, von der die Volkswirtschaften in den vergangenen Jahren weitgehend verschont geblieben sind. Die Gründe für die Rückkehr der Inflation liegen auf der Hand. Nach der signifikant reduzierten Wirtschaftstätigkeit während der Covid-19-Pandemie war die Wirtschaft nicht in der Lage, die Nachfrage im Zuge des postpandemischen Aufschwungs zu befriedigen, was den Inflationsprozess in Gang setzte. Erschwerend kam hinzu, dass der Krieg in der Ukraine die Preise für Energie und andere Rohstoffe in die Höhe schnellen liess. So liegt die Inflation in der Schweiz zurzeit bei 3,5%, in Europa bei 8% und in den USA bei 8,5%.

Die Immobilienfonds – mit einer geschätzten Marktkapitalisierung von 60 bis 70 Milliarden Franken – gehören zu den Vermögenswerten, die von den steigenden Zinsen betroffen sind. Während die Tätigkeit der Immobilienfonds und der Wert ihrer Portfolios bis anhin relativ stabil geblieben sind, gerieten die Börsenkurse bereits unter Druck. Zahlreiche Anleger, welche die negativen Auswirkungen steigender Zinsen auf den Wert ihres Portfolios befürchteten, haben ihre Anteile bereits abgestossen. So lag der Immobilienfondsindex zu einem bestimmten Zeitpunkt 20% unter seinem Stand zu Jahresbeginn, bevor er sich wieder etwas erholte.

Eine genauere Analyse zeigt jedoch, dass nicht alle Immobilien gleichermassen von den steigenden Zinsen betroffen sind. Geschäfts- und Industrieimmobilien stehen relativ gut da. Da die Mieten dieser Immobilien in der Regel an die Inflation gekoppelt sind, verfügen diese über ein gewisses Polster, das die Auswirkungen des Zinsanstiegs abfedert. Dazu kommt, dass sich die betreffenden Unternehmen in guter Verfassung befinden und die Verkaufspreise steigen, sodass sie sich die vertraglichen Mietpreisanpassungen auch leisten können.

Bei Wohnimmobilien wird hingegen ein kleiner Wertverlust in Kauf genommen werden müssen. Die Hauseigentümer werden ihre Mieten nur in sehr geringem Ausmass erhöhen können, da sich der hypothekarische Referenzzinssatz des BWO nur langsam verändert. Im Vorteil sind somit Immobilienfonds mit einer guten Mischung aus verschiedenen Gebäudekategorien. Im Weiteren wurde festgestellt, dass die steigenden Zinsen auch zu einer Verringerung der Transaktionen geführt haben – aus gutem Grund. Die Verkäufer halten an ihren hohen Forderungen fest und verlangen Preise, welche die Käufer aufgrund der höheren Finanzierungskosten nicht zahlen können oder wollen. Dies führt dazu, dass beide Seiten auf ihren Positionen beharren. Es ist daher mit einem sinkenden Wert der Immobilien zu rechnen, wobei das Ausmass von den steigenden Finanzierungskosten abhängt.

Die Attraktivität von Immobilienfonds ist dennoch ungebrochen, da sich der Schweizer Immobilienmarkt insgesamt in guter Verfassung befindet. Steigende Rohstoff- und Arbeitskosten sowie höhere Finanzierungskosten haben die Realisierung neuer Immobilienprojekte bei anhaltend hoher Gesamtnachfrage in der ganzen Schweiz ausgebremst. Der daraus resultierende Angebotsmangel stützt die Preise. Da die Korrektur an den Börsen bereits stattgefunden hat, tun die Anleger gut daran, sich nicht von ihren Immobilienfonds – die liquideste Form von Immobilienanlagen – zu trennen.

Die Einschätzung der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung ist immer schwierig, zumal wenn diese eng mit der Zinsentwicklung verbunden ist. Vieles wird von der Politik der Zentralbanken abhängen. Es ist jedoch zu hoffen, dass sich die Zinsen nach der aktuellen Phase der geldpolitischen Straffung bis 2024 stabilisieren oder dass sie sogar sinken. Die Inflation dürfte jedoch nicht vollständig von der Bildfläche verschwinden. Die Veränderungen in der Gesellschaft, wie eine gewisse Rückentwicklung der Globalisierung oder die Energiewende, werden dafür sorgen, dass wir uns höchstwahrscheinlich daran gewöhnen müssen, wieder mit einer höheren Inflation zu leben.

Jean-Paul Jeckelmann

Kontaktieren Sie Jean-Paul Jeckelmann, Direktor Business Development & Immobilien

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